Geschichtle VI
Mein Gastbeitrag zum Thema
"ABSCHIEDFÜR LÄNGER: DAS LEBEN, DIE LIEBE UND DER TOD" auf Severines Blog Fabelschmiede.org
"ABSCHIEDFÜR LÄNGER: DAS LEBEN, DIE LIEBE UND DER TOD" auf Severines Blog Fabelschmiede.org
"Du weißt ich bin bei dir, egal wo du
jetzt bist..."
Die Schau in die Zukunft liegt mir fern. Unter
dieser Prämisse darf Mensch sich unschlüssig sein, ob es wahr ist, was man von
sich gibt, wenn es darum geht einem "Abschied
für länger" zu postulieren. Persönlich neige ich aufgrund der Schwere
von einigen Themen gerne dazu eine Verfehlung der ursprünglichen Idee anzustreben,
gerade um der Sache einen anderen Tiefpunkt zu geben.
Da es mir im Grunde missfällt eine Geschichte aus meinem eigenen Leben
zu erzählen, werde ich aus Sicht meiner Hunde die Geschehnisse von einer nicht
lange vergangenen Zeit schildern, einen Abschnitt meines Lebens, als meine
Hunde noch fünf bis sechs Dutzend Artgenossen persönlich kannten, und ich diese
meist auch mit Namen. Die drei hündischen Erzählerinnen heißen in
Altersreihenfolge: Shila, Adelhaid und Selma, wobei erstere bereits ihren "Abschied für länger"
"vor kürzerer Zeit" zelebrierte und ein tiefes Loch hinterließ, dass
der Hauptdarsteller hätte schließen können.
Nun schweige ich aber und lasse die Hunde sprechen...
Shila zu Giacomo
Ich habe in meinem irdischen Leben wenig Bekanntschaft
und noch weniger Freundschaft mit denen meiner Art geschlossen, jenen, die mir
über den Weg liefen. Die meisten erkannten meine grundlegende Einstellung
bereits von Weitem und kamen gar nicht erst auf die absurde Idee in meine
intime Zone einzudringen. Verstöße rügte in aller Regel nicht ich, dafür hatte
ich durchaus kompetente Lakaien. Es war mir in solchen Situationen gänzlich
schleierhaft, was für verrückte Gestalten auf vier Beinen diese Welt
besiedelten. Selbst ein Blinder hätte meinen hohen sozialen Status riechen oder
erspüren müssen. Und genau das waren die Gesichtspunkte, die es zu erfüllen
gab, wollte jemand die Ehre meiner Nähe genießen. Abgesehen von meinen Lakaien
erfüllten nur exakt fünf Exemplare meine hohen Anforderungen. Ein Dackel, ein
Husky, ein Golden Retriever, ein Labradormischling und eben jener Senfhund,
eine gelungene Promenadenmischung wie ich sie war. Giacomo gefiel mir besonders, weil ich in ihm keinen Gefährten sah, sondern
einen möglichen Nachfolger in meiner eigenen Person. Er hingegen war sich dem
nicht ausgewogen bewusst und sah in mir folglich zu oft lediglich die Gespielin
seiner jugend-männlichen Gelüste. Einer Hingabe seiner hätte ich jedenfalls
selbst in der Standhitze nicht stattgegeben. Eine Verpaarung mit mir war ausgeschlossen,
da konnte er noch so oft vor der Haustüre liegen.
Adelhaid zu Giacomo
Mein Herrchen meinte anfänglich er würde
"Jackomo" geschrieben werden. Selbst auf meiner Seite wird er noch
als "Tsakomo" aufgeführt, seine zweite Annahme zur Schreibung seines
schönen italienischen Namens.*
Giacomo trafen wir selten, noch seltener
mit seinem Herrchen zusammen. Das war nicht außergewöhnlich und auch nicht
schlimm, in aller Regel kam sein Mensch auch kurz nach unserer Begrüßung, zumindest
wenn es hell war. In der Dunkelheit der Nacht war Giacomo Einzelgänger. Auch
das war für einen intakten Rüden (mit italienischen Namen) nichts außergewöhnliches,
schließlich waren wir ja ansprechende Weibchen. Der Weg zu uns war ihm auch nie
zu weit, wohnte er doch eigentlich über den kleinen Hügel im rund zehn Minuten
entfernten Stadtteil östlich der Burg. Wir residierten seinerzeit westlich der
Burg, rund fünf Gehminuten unterhalb um
genau zu sein.
An unsere erste Begegnung kann ich mich
nicht mehr sicher erinnern, aber an das erste Treffen in einer lauen
Sommernacht. Ich war zum zweiten Mal läufig, und mein Herrchen unternahm mit
mir alleine eine kurze Abendrunde. Eigentlich wollte er mich nur auf die Wiese
führen, doch daraus wurde dann eine längere Angelegenheit. Ich will allerdings nicht
ausschweifen, daher komme ich zum Punkt, warum ich Giacomos alleinige Wanderschaften so schätzte. Meine Gründe waren
pragmatisch, Menschen würden mir Opportunismus vorwerfen, doch das wäre mir
gleich. So sage ich es einfach frei heraus: Dort gab es immer was zu Essen.
Wenn es nicht Hundenahrung war, dann nahm ich das Trockenfutter der Katze liebend
gerne an. Ihren Namen kannte ich nicht, sie floh immer, wenn ich kam, keine
Ahnung weswegen. Giacomo war das auch gleich, so wie mir seine Triebe. Er war
zurückhaltender als alle Rüden, die ich in meinen Stehtagen kennenlernen
durfte, obgleich das komisch klingen mag, betrachtet man seine weiten Wege, die
er auf sich nahm, um mich zu treffen.
Jedenfalls war es immer sehr schön bei
seinem Herrchen, auch für mein Herrchen, denn ein gutes Bier gab es dort immer.
Selma zu Giacomo
Der Kerl war lässig. Ich traf einige
Jahre später eine Hundedame, die ähnlich wie er aussah und ebenso geartet war.
Sie hätte seine Schwester sein können, doch war sie tatsächlich für mich mein
Giacomo-Ersatz in fast jedem Belangen. Aber alle guten Dingen kommen und gehen,
oder wie mein Bipedist es formulieren würde: "Die guten Hunde gehen, aber es kommen
wieder neue." Weder Giacomo noch Kiara (so hieß die Dame) habe ich
je wieder gesehen. Ihnen ereilte in Bezug auf mich/uns Ähnliches: Sie zogen hinweg in einen anderen Teil der
Welt. Ich denke die Hoffnung meines Zweibeiners in diesen Dingen ist höher
als die meine, wahrscheinlich auch seine Geduld. Grundsätzlich ist es mir aber
gleich, denn die Gedanken an diese Zeit lassen mich nicht traurig werden, sind
es doch gute Erinnerungen.
Meine Worte zählen weniger als die meiner
Hunde, und doch waren es meine. Auch wenn es nicht gefallen wird, schließe ich
hiermit etwas unvollendet. Um meine persönliche Note noch ein klein wenig einzuspielen,
gibt es nur eine Sache zu erwähnen; der Eingangssatz bekommt ein Ende:
"... und doch ist es die Liebe, die wir hinterließen, um niemals
Abschied zu nehmen."
[zum Originalgastbeitrag]
*den Absatz hat Severine übesehen oder ich habe ihr ihn nicht übermittelt, macht aber nichts.