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Gedanken an das Marterla

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UnNatur (Pt. 24)
Vielleicht eine interessante Vorablektüre: "Gedanken an die Wurzel"
Möglicherweise eine Fortsetzung von: "Gedanken an die Linde(n)"

Unter "Marterla" - gesprochen "Madala" - versteht man im oberfränkischen Raum einen Bildstock, also ein Denkmal das zumeist aus Stein oder Holz irgendwo in der Gegend herumsteht und dort auch eine tiefere Bedeutung hat, sei es der Gedenken wegen oder aus anderen Votivgründen. 
Im weitesten Sinne geht es hier nach wie vor um Gedanken zu Formen der Entwurzelung. Es ist dabei nicht meine Intention kleingeistig zu werden, aber es ist ein guter Stichpunkt zum Anfang.

Macht man einen Querschnitt aus meinen Blogeinträgen, so kann man mitunter feststellen, dass ich gerne durch die sprichwörtliche Blume Zeitgeistiges das Dasein abspreche. Manchmal gehe ich nebenbei auf die anwachsende Dystopie ein, die mittels der Technokratisierung einer digitalen - und gleichwohl entfremdeten Menschheit - unweigerlich ihre Bahnen zieht. Ich abstrahiere es stets, weil es für mich keinen Mehrwert hat dunkle Gedankenexperimente zu wagen, die auf Fiktionen abziehen, die Mutmaßungen offenlegen, wohin dieser Weg denn führen könnte. Ich schließe im Besonderen aus, mich auf erhellte Versionen utopischer Modelle unter diesem Gesichtspunkten einzulassen. Ein blanker, nicht der Analogie entsprechende, Vergleich mit einer Sackgasse kommt mir dabei in den Sinn und sollte ausreichen: Wer in eine solche Straße geht, wird am Ende ihrer keinen Horizont sehen und keinen anderen Weg herausfinden, außer den ursprünglichen Eingang. Das Schild am Anfang lügt eben nicht, nur für diejenige, die in ihrer Borniertheit der Anschauung sind, dass es nur ein Schild ohne Aussagekraft ist. In jedem Fall darf sich niemand beschweren - nicht der Gutgläubige, der Mitläufer oder ein Selbstbetrüger, der die Rotte der trägen Masse wie ein Magnet anzieht oder hinter sich her schleift. Er ist im Geiste schon längst mit dem Kopf gegen die Wand gegangen, die am Ende der Sackgasse steht. Ohne Rücksicht auf abfallenden Trümmer durchbricht er jede Mauer für (s)eine digitale Revolution. Wer keinen Stahlhelm trägt wird erschlagen, wer hadert schafft es nicht durch den Spalt und bleibt in der Sackgasse ohne Hoffnung...*
Und genau aus diesem Grund schreibe ich gewöhnlich keine Worte über solche Dinge, sehe ich mich doch nur als Beobachter. Geschichtlich gesehen ist es sowieso ein altes Lied, das man beispielsweise am Tag der Arbeit [das Datum jenes Eintrags] festmachen kann. Damals, vor 122 Jahren, erhoben sich Menschen gegen die Zeitmodelle der Industrialisierung, nicht aber gegen den gesamten Umstand der Lebensveränderungen, weil sie in diesem schon gefangen waren (siehe Sackgassen-Vergleich oben). Wohin sollten sie auch hin? Zurück zur vorhergegangenen Periode, der Agrarwirtschaft? Auch diese Idee, die durch die Sesshaftigkeit der Menschheit ihre Anfänge hatte, war bereits ein Rückschritt. Die Subsistenzwirtschaft, also die Selbstversorgung, ist sicherlich nicht verkehrt, macht aber dann abhängig von Gegebenheiten, wenn sie mit der Sesshaftwerdung einhergeht. Lassen wir die neolithische Revolution mal vor übertriebenen 20.000 Jahren einsetzen und bleiben der wissenschaftlichen Geschichtsschreibung im Gedanken treu, so gibt es archaische Verwandte des anatomisch korrekten modernen Menschen schon seit 300.000 Jahren. Meine Gedankengänge sind meist verworren, aber auf was ich hinaus will, scheint bei dieser Aneinanderreihung (ausnahmsweise mal) offensichtlich zu sein: Homo sapiens lebte viele Jahrzehntausende halbnomadisch.
"Marterla" gespiegelt
Zurück zum "Marterla" und einer Gewissensfrage: Wie alt muss ein bildstockhaftes Etwas sein, unabhängig seiner Bedeutung, bis jemand ihm den Anspruch der Erhaltung an Ort und Stelle der Setzung zuspricht? Oder anders gefragt: Wer nimmt sich das Recht heraus Hand an etwas anzulegen, das niemanden schaden kann, weil es nur ein unbelebtes Zeichen ist? (Vergleiche mit der o. e. Sackgassen sind rein zufällig.) Kann jeder daherkommen und sagen, "Lasst es ruhig stehen, aber seit euch gewiss, dass seine Botschaft heute keine Wertung mehr in sich trägt"? Oder aber: "Nehmt es weg, eben genau aus diesem Grund, und stellt von mir aus was anderes hin"? Darf man so denken bzw.: Wer kann sich so ein denkendes Sprechen herausnehmen? 
Das "Marterla" von dem ich sprechen will, die Mariensäule in meiner Heimatsiedlung, darf heute seine Geschichte nicht mehr erzählen. Sie handelte von einem Kind, dass im Schilf den frühen Tod fand und einer umsorgenden Mutter, die eingangs fragte: "Mein liebes Kind, wo willst du hin?"
Gestern stand ich "zufällig" wieder vor meinem "Marterla" - ich stand, aber es steht nicht mehr. Es liegt heute - und seit vielen Wochen - auf dunklen Paletten, die in Stein gemeißelten Zeilen schutzlos gen Himmel gerichtet. Das Kronenhäubchen, der schützende Hut - siehe Titelbild oben -, mit Kreuz als Pleureuse ist ab und thront jetzt auf Bausteinen und gemeinsam mit dem "Marterla" in einem eingezäunten Ort, rund 400-500 Meter östlich der Ursprungsstätte entfernt. Sinnbefreit wartet es auf irgendetwas, vielleicht auf einen Gedanken von nur einem Menschen, der es von seiner hoffnungslosen Stelle befreien wird, entweder richtend oder wieder richtig errichtend am rechten Platz?!?

So lange der anatomische Neumensch des Monetozäns kein rückwärtiges Empathie-Empfinden aufkommen lassen kann, spreche ich ihm - auch aufgrund fehlender intrinsischer Motivation - jede fiktive Gesellschaftsordnung ab, sei es durch Schaffung neuer Modelle oder Lebensversuche angepasst an vergängliche Epochen. 

___
* ein kleiner & funkiger Musiktitel, der mir passend dazu im Kopf herumschwirrte: Spice - Dark End Street.


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