Selbstanalyse (Pt. 12b)
Fortsetzung von Teil 1
"Erst wenn ein Anzug abgetragen ist, beginnt seine Glanzzeit."
(Heinz Rühmann)
"Macht dir doch Licht" sagte der Schwager von Mr X. "Es geht schon, ich finde das auch blind" entgegnete dieser als er auf seiner Terrasse im Dunkeln in der Schuhkommode auf der von der Tür aus rechten Seite am Rande der Mauereinfassung kramte. "Was suchst du überhaupt" fragte der dazugekommene, schon gut angetrunkene I.
"Es werde Licht" sprach E und betätige die integrierte Taschenlampe in seinem Outdoor-Handy. "Zitiere nicht Gott, wenn du nicht mal weiß wo der Schalter ist" gab A zu verstehen und knipste die Außenbeleuchtung an. "Das hat Petrus auch nicht geschafft, ein hoch auf unseren Helden" konnte man den hinzukommenden G fachsimpeln hören.
"Da sind sie ja" erfreute sich Mr X, drehte sich zu den anderen um und hielt ein paar seltsam geformtes Schuhwerk offensichtlich ohne Besohlung mit seiner rechten Hand in die Höhe. "Was soll das sein" wollte B wissen. "Hab ich noch nie gesehen, schaut aus wie Big Foots Tretter" meinte H. "Irrtümlicher Modeuns..." wollte G einfallen, wurde aber von D unterbrochen: "Nein, nein, das sind Zehenschuhe, oder warte mal, die heißen anders..." Er fasste sich mit dem Zeigefinger der rechten Hand an den Mund, es fehlte nur noch die kopfkratzende linke auf dem Haupt, was bei seiner wohlrasierten Glatze eher ein Streichler gewesen wäre. "Ich weiß es" entfuhr es C und setze fort: "Meine Nichte hat so was auch, die heißen 'Barfußschuhe' oder auch 'Five Fingers' glaub ich."
"Was es nicht alles gibt" lallte I und zündete sich eine Zigarette an. "Ganz richtig, das sind Zehenschuhe, die man barfuß trägt" sagte Mr X und setzte fort: "Heute gibt es die auch in Fassungen, wo sie von normalen Sneekers nicht zu unterscheiden sind. Da sind dann die Zehen im Schuh eingebettet. Solche habe ich auch, aber dieses alte Modell wollte ich euch mal zeigen."
Fragende Gesichter blickten ihn an ehe D ein "Interessant" herausstammelte. "Schwager, du hast doch die gleiche Schuhgröße wie ich, willst du sie nicht mal anziehen?"
Nachdem sich die Runde um dieses seltsame Schuhwerk sammelte, es anfasste und mit wissenschaftlichen oder neugierigen Blick betrachtete, gab Mr X die Besonderheit und Vorteile seiner - wie er es nannte - zweiten paar Füße preis. Schlussendlich konnte er seinen Schwager (D) davon überzeugen seine Sandalen abzustreifen und in eines der Paare hineinzuschlupfen. Auch den anderen Schuh zog er sich über und ging nach Prüfung, ob er die Zehen tatsächlich bewegen konnte seine ersten Schritte über das Kieselsteinpflaster der Terasse. "Unglaublich" entfuhr es D.
"Geh auf den Ballen, wie ich es dir beschrieben habe, keine Sorge, du wirst die Balance nicht verlieren" riet ihm der Bruder seiner Angetrauten. "Ich wusste gar nicht, dass dein Terrassenboden so uneben ist" hörte er sich selbst staunend sagen.
Die Empfehlung "Geh' doch mal ein Stückchen im Gras" nahm er sofort an, wenn auch sein Gang noch recht vorsichtig den anderen vorkommen musste. Wie beim Auszug eines gerade verheirateten Paares aus der Kirche machte die Gruppe der Freunde den 'Barfußläufer' Platz, um ungehindert auf das kleine Rasenstück zu gelangen. Es fehlte nur noch der Reis oder das Bett aus Rosen, wobei das wohl eher unangemessen gewesen wäre.
Eine kleine Stufe trennte ihn noch von dem nassen Gras. Aber die Spannung war förmlich in der Luft zu spüren. Jeder der Beteiligten war erwartungsfroh gestimmt auf dessen Erkenntnisse und Ersterfahrungen.
Doch D machte es spannend. Ohne ein Wort zu sagen und mit dem Rücken zu den Anwesenden gedreht lief er gleichmäßig und konzentriert das kleine Gartenstück entlang bis zu der ersten Hecke, die auch gleichzeitig das Ende darstellte.
Endlich drehte er sich herum und sprach fröhlich: "Es ist zwar nass und auch ein wenig kalt, aber es ist als ob man tatsächlich barfuß über die Wiese gehen würde!"
- Fortsetzung vom 01.09.2013 -
E und G waren sich nun mal einig und auch B stimmte dazu ein, dass dies eine von Mr X und sein Schwager D von vornherein geplanten Werbeveranstaltung à la Tupperparties sein muss, bei der man erst die Bäuche der Besucher und dann deren Kehlen abfüllte, um anschließend die Gunst der Stunde durch Träg- und Benommenheit zu nutzen, ihnen unsinniges Zeugs aufzuschwätzen. C setzte dem entgegen und wurde auch gleich als Mittelsmann in die Verschwörungstheorie mit aufgenommen.
Die anderen Beteiligten mit ähnliche großen Fuß ließen sich aber davon nicht beirren und wollte zugleich auch mal dieses Wunderwerk der Schuhtechnik ausprobieren.
Hier schwenke Mr X aber ein, unterbreitete den Interessierten anstelle dessen erstmal ihre Schuhe und Socken auszuziehen, um vielleicht tatsächlich mal barfuß über das Gras zu laufen. Darauf zeigten aber die Zeigefinger der Anwesenden gar reihenweise auf die Mitte ihrer eigenen Stirne.
"Und was folgt darauf?" wollte E wissen. "Das ist doch klar" setzte G fort: "Er zeigt uns einen Ganzkörpertaucheranzug und bittet uns sich mit diesem ins Gras zu legen. Und im Anschluss darauf dann ohne ..." Dummerweise musste just in diesem Moment I einen Schluck von seinem Bier nehmen, dass er beinahe vor lauter Lachen nach vorne ausgespuckt hätte. Er räusperte sich kurz, wischte seinen Mund am Ärmel trocken und zog sein Handy aus der linken Hosentasche. "Ich bin der Kameramann und poste das dann auf Facebook!"
"Erwartest du noch Besuch?" entstieß es B. Er ließ die Frage aber unbeantwortet und schob eine nach: "Kurt Felix mit der versteckten Kamera vielleicht?" Das war die Sternstunde von F, der sich auch mal wieder seit langem zu Wort meldete: "The Anti Social Network!"
"Wie?" wollte B wissen. "Na dieser Gosejohanns machen doch so eine neue Show, wo sie sich ein Facebook-Profil ausleihen..." E unterbrach Fs Ausführungen wirsch: "Moment! So was schaust du dir an?" F dagegen konterte schnell: "Nein, nein, ich hab das im Spiegel Online gelesen" worauf E nur meinte: "Ich weiß nicht, was daran besser ist."
Die kleinen Sticheleien und Mutmaßungen gingen noch eine Weile so weiter in der feuchtfröhlichen Abendluft. Die Party war nun tatsächlich wieder draußen angekommen, was aber jetzt keinen mehr recht zu stören schien.
Erst viele Minuten später konnte Mr X endlich dazu ansetzen, um was es ihn grundlegend ging. Dafür musste er erst noch mal seine Gäste darauf hinweisen, dass es ursprünglich E war, der die folgende 'interessante' Aussage traf: "HEY! Ich bewege mich mehr in der freien Natur als du! Während du nur
zwischen Haus, Auto und Arbeitsplatz ein paar Meter schlenderst gehe
ich jeden Tag im Wald mehrere Kilometer joken - und zwar früh und
abends!"
--- Schnitt ---
Damit dieser Artikel aber nicht so lange wird wie die 6teilige UnNatur-Reihe "Im Bann des Okkulten" werde ich an dieser Stelle die Bremse einlegen und die Aussage in einem finalen 3. Teil mit eigenen Worten beleuchten und auch versuchen zu beantworten. Es geht heruntergebrochen darum - so viel "verrate" ich vorweg -, "Wie" man sich in der "freien Natur" bewegt und fragt auch nach dem "Wo".
Direktlink zu Teil 3
(ist bald anklickbar)