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Palingenesie, Teil 1

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V-Theorien (Pt. 3)
Unter(- u. Arbeitstitel): So funktioniert Rein(e)karnation ... oder eben nicht!

http://www.blog.adelhaid.de/2014/01/palingenesie.html

"Alles was ich jetzt sage ist im Prinzip ver(f)logen, betrogen, nicht richtig, unwahr, verschleiert die Realität. Mit Absicht oder mit (Ge-)Wissen."
(Gedanken zur Nachruh, 'Irrsinn oder Wahrheit?')



Einfache Frage(n) vorweg: Symbolisiert das heutige Kruzifix mit dem dargestellten leidenden, sterbenden, ja toten Jesus Christus nicht eine Niederlage dieses Geschöpfes? Und umgekehrt gefragt: Wie verhält es sich mit einem einfachen Kreuz, wie z. B. dem von mir (so gesehen mit leuchtender Wirkungskraft bestrahlten)? 


Nun gut, die Antwort ist ja schon nahezu selbst gegeben. Natürlich handelt es sich bei einem Kruzifix mit Leidensgestalt um ein Zeichen des Todes, hingegen ein einfaches Kreuz viel mehr Spielraum zu Interpretation lässt, aber in jeder Hinsicht ansehnlicher ist. Ich zumindest sehe das eine als Todes-, das andere als Lebenszeichen. 
Darum geht es aber heute nicht.


Für mich als lebender Stoiker [*1] ist die Palingenesīe [nachfolgend "P." abgekürzt] nicht nur die Überschrift, sondern auch ein Thema, dass dem im oben verlinkten Gedankenspiel Tür und Tor öffnet. P. ist mit den verschwurbelten Anschauung welcher Ideologien auch immer zu Begrifflichkeiten wie Reinkarnation, Wiedergeburt, Neuerweckungen, Seelenwanderung oder gar der Götterauferstehungen m.E.n. keinesfalls zu vergleichen. 
Gerne würde ich explizit auf alle Modelle eingehen, wäre mir die Zeit dafür nicht zu schade. Ich behalte mir aber vor im weiterem Text einige Ungereimtheiten aufzuzeigen, für die ich leider zur Anschaulichkeit auf o.g. zurückgreifen muss.

Zur Worterklärung (v. griech.):  palin = wieder und génesis = Schöpfung/Entstehung/Geburt
In der wohl einflussreichsten philosophischen Strömung, der stoischen Lehre, prangert da oben im Titel keinesfalls nur ein altgriechischer Wortlaut, der nicht viel mehr bedeutet als die deutsche Übersetzung Wiedergeburt.

Die Stoa lehrt uns den Einklang mit sich selbst und der Natur [physis] zu finden - im Materiellem, wie im Immateriellem -, wobei die Natur als ein Wertebild zu sehen ist. Die Natur ist das Wertvolle aus dem man schöpft, da sie selbst sich das Leben zu eigen gemacht hatte, nicht umgekehrt. Schöpfen wir nicht aus der Natur unseren Trieb zur Selbsterhaltung, so wird die Natur uns als Störobjekt ansehen und sich unserer entledigen. Ich empfehle dazu meinen Artikel unter [*2] verlinkt; und möchte im Weiteren auf einen Begriff eingehen, der schwerlich zu übesetzen ist: Oikeiosis. Zwar erklärt Wikipedia diesen Begriff anschaulich, verschwurbelt aber den Eintrag mit Interpretationen und hat nur in einem Sinne Recht, dass es sich hier um einen Grundbegriff, ja einem Eckpfeiler der stoischen Lehre handelt [ich habe den Eintrag nur für die Vollständigkeit verlinkt].

Damit wir uns hier nicht im Kreis drehen, begrenzen wir den Begriff Oikeiosis auf die physis, also dem Bezug zur Natur. Es wird oft der Fehler begangen, dass man sich das Gegenwort Allotriōsis (Entfremdung/Zurückweisung) zu Nutzen macht, um eine Erklärung zu finden. Einfacher und vor allem präziser wäre eine Ableitung von "oikeion", was von "oikos" kommt, und alles betrifft was "zum Haus gehört" - folglich: alles was nahe liegt. Die Übersetzung "Zueignung" betrifft im (all)natürliche Gebilde [das Soziale bleibt wie gesagt völlig außen vor, weil es fern ist] in jedem Sinne den vernunftbezogenen (lógos) Umgang mit der Universalkraft, die alles Leben sich zu eigen gemacht hatte - der Natur. Ich würde an dieser Stelle gerne meine oben verfasste Aussage wiederholen, denn dadurch gibt es nur eine Schlussfolgerung: Handeln wir wider der Natur, handeln wir wider uns. Anders gesagt: wer die Natur bedroht, bedroht sich selbst.


Was hat das alles mit Reinkarnation und dergleichen zu tun?

Nun, zuerst einmal müssen wir uns klar werden, was vor einer Wiedergeburt kommt, nämlich der Tod. Michel de Montaigne hat dazu trefflich einmal in seinem Essais festgehalten: "Philosophieren heißt sterbend lernen." Damit griff er aber das Unprinzip eines jeden Stoikers auf, der er gar nicht war. Das wäre nicht schlimm, hätte er es richtig erkannt. Montaigne hatte dergleich mit den Stoikern so wenig zu tun wie Seneca mit Sokrates, und diese starben den gleichen Tod (Stichwort: Schierlingsbecher). 
Es scheint verwegen, aber mir sei der Vergleich mit den gerade genannten Sokrates und des Elefantenwesen Ganesha aus dem Hinduismus mal erlaubt, denn im Bezug ist deren Appell zum Lebenshass ein und der selbe. Dazu genügt mir nur der folgende Sinnspruch Ganeshas: "Wenn du dich auf das Sterben vorbereiten willst, kappe alles Bande die dich an das Leben fesseln."
[Dazu gibt es wunderschöne Illustrationen, die die Gottheit mit Axt zeigen, einmal in der linken Hand und oft in der rechten]

Wer mir gerne an dieser Stelle eine morbiden Heuristik vorwerfen möchte, der sei vielleicht besser beim Begründer der Psychoanalyse aufgehoben. Aber Vorsicht, denn auch dieser hat sich zu seinen Lebzeiten intensiv mit dem Tod beschäftigt. Freud meinte, dass man sich den Tod öfters vorstellen sollte. "Eine wiederholte Auseinandersetzung mit dem Tod, macht das Leben sinnvoller" wäre eine unzitierte Quelle, spiegelt aber die Aussagekraft.  Morbide Neugier lässt uns den Tod von anderen betrachten, weil es eine besondere Beziehung dazu gibt. Nach Freud ist es aber auch so, dass so sehr er sich den Tod anderer herbeisehnen vermochte, der eigene Tod wäre oder war ihm nicht vorstellbar. Wenn man einen geliebten Mensch verliert, muss man zugeben, dass man auch etwas in sich verliert, da der Verstorbene trotzdem ein Stück von einem bliebe, an dem man nach wie vor hängt.
Und hier sind wir schon näher an dem Fehler, den viele Menschen nachvollziehbar tun. Sie lassen an dem bereits Toten nicht los. 

So, aber auch nicht anders, kann man "public viewing" sehen. Darunter versteht man nicht die Liveübertragung auf Großleinwand einer Sportveranstaltung, sondern im übersetzenden Sinne die Aufbahrung eines Leichnams, die nicht selten mit einer trauerüberwindenden letzten Wäsche des Verstorbenens,  gelegentlich auch verbunden mit einer Maskerade zur optischen "Verschönerung" im Vorfeld verbunden wird. Ob man damit den Ritus einer Totenwache nachkommt sei dahingestellt.
Für mich ist dies eine Illusion, eine Schaustellung, einen Toten so darzustellen, als ob er noch leben würde. Und bedauerlichweise der erste Schritt hin zu einer perfiden und fehlgeleiteten Ewigkeitsbildung in der/unserer Moderne. [*3]

Genau so ist nämlich das Zeitgenössische unsere (Un)Kultur. Wir haben den anmassenden Wunsch nicht zu sterben, obwohl die gesamte Gesellschaft der anmassende Wunsch hegt, eben den Tod zu überwinden. Ja den Tod sogar zu verdrängen, betrachte man nur des christlichen Menschens verleugnende Vorstellung, den biologischen Tod zu besiegen [lese ich z. B. als "rk'ler" so etwas, muss selbst ich die Gesinnung der Glaubensgemeinschaft hinterfragen].
Fakt ist, dass der Tod zu "damals" ein heuchlerischer ist. Denn die meisten Menschen sterben mehr oder weniger anonym, nicht mehr am Lebensort, dem zu Hause, sondern in Altenheimen, im Krankenhäusern oder (einer angeschlossenen) hospitalen Einrichtungen. Die Totenwache hat in unserer heutigen Spaßgesellschaft kein Anrecht mehr auf Existenz, denn sie verdrängt den Tod.

Ich bin gestern bei meinen Abschlussrecherchen für diesen Artikel zufälligerweise über den guten Schopenhauer gestolpert, der ja vom Buddhismus (für mich) erheblich beeinflusst war/wurde. Ich gebe zur Verständnis gerne von dieser Quelle ein etwas längeres Zitat ab:
"Mit dieser Ansicht stimmt auch die eigentliche, so zu sagen esoterische Lehre des Buddhaismus, wie wir sie durch die neuesten Forschungen kennen gelernt haben, überein, indem sie nicht Metempsychose, sondern eine eigenthümliche, auf moralischer Basis ruhende Palingenesie lehrt, welche sie mit großem Tiefsinn ausführt und darlegt; (…)"
Schopenhauer ist in meinen Augen jedoch nicht ehrlich, da er bereits zu seinen Lebzeiten gesagt hatte, er würde dem Tod positiver entgegentreten, was in einem völligem Widerspruch zu seinen "Lehren" steht. Nun, er konnte das aber auch, weil er hatte ja schon seine Weisheiten verkündigt. Hätte er sich da lieber an den oben von mir etwas ungünstig, gar vermissbilligten Montaigne gehalten, der da sagte: "Der Tod ist der Höhepunkt des Lebens, das man führt um den Körper zu überwinden!"
Alternative wäre da ein Descartes mit dem wohlbekannten Spruch "Ich denke, also bin ich."
Was ich an Schopenhauer besonders schätze ist sein Vergleich mit dem welken Blatt, das vom Baum fällt und sich beschwert zu Grunde zu gehen, aber doch irgendwo weiß, dass sein Untergang Humus mit sich bringt, das neue Blätter hervorbringt von eben jenem Baum, von dem es im Herbst gefallen ist. [*4]

Aus diesem Verwirrungen kann uns nur ein Hegel befreien. Denn er kam darauf, dass ein ausgefülltes Leben eben NICHT den Tod einem ruhiger entgegenzutreten, ja zu ertragen, erscheint. Denn der Tod ist die Verneinung aller Werte, und man neige weniger dazu, wenn man zu Lebzeiten, in seinem Tun die Anerkennung des eigenen unvergängliches Wertes sucht. Oder zitiert:
"Aber nicht das Leben, das sich vor dem Tode scheut und von der Verwüstung rein bewahrt, sondern das ihn erträgt und in ihm sich erhält, ist das Leben des Geistes. Er gewinnt seine Wahrheit nur, indem er in der absoluten Zerrissenheit sich selbst findet. Diese Macht ist er nicht als das Positive, welches von dem Negativen wegsieht, wie wenn wir von etwas sagen, dies ist nichts oder falsch, und nun, davon weg zu irgend etwas anderem übergehen; sondern er ist diese Macht nur, indem er dem Negativen ins Auge schaut, bei ihm verweilt. Dieses Verweilen ist die Zauberkraft, die es in das Sein umkehrt." [Quelle]  
Und so kommt ganz natürlich mit dem Alter bzw. dem Älterwerden die Vorbereitung auf den eigenen Tod.


Zum Abschluss dieses ersten Teils eine persönlich Note: Meine Großmutter mütterlicherseits wusste demnach genau den Tag ihres bevorstehenden Ablebens. Ein gewünschtes und erhaltenes Festmahl bevor sie zu Hause starb war ihr nicht verwehrt. Ich zitiere mich gerne selbst ...


"Als es ihr Körper nicht mehr zu lies sich selbst weiter vom Haus zu entfernen als sie gerne wollte, hatte sie nur einen Wunsch - echte Brombeeren aus dem Wald..."

zum Teil 2 - Klick
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Quellenangaben / weiterführende Links:


[*1] Die Welt in stoischer Ruhe (Teil 1 sowie Teil 2)
[*2] Enfremdung durch Entfremdung
[*3] Menschliche Mülldeponien (Teil 1, Teil 2 sowie Teil 3)
[*4] Das Blatt am Schuh (Teil 1 sowie Teil 2)

Hinweisender interner Verweis / FAQs: Wortwolke / Cloud _v-theorien_ (Direktlink)


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2 Kommentare :

  1. Die Stoa lehrt uns den Einklang mit sich selbst und der Natur [phsyis] zu finden
    Rechtschreibfehler [physis]

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  2. Danke. Habe den Buchstabendreher - *peinlichrotwerd* :D - ausgebessert.

    AntwortenLöschen

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